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Camp 2 in Angarsk/Alte Transsib vom 17. - 30.06.2006

von Birgit Rambo

Im Juni 2006 gab es nur wenige Interessenten für die Projekte am Baikalsee. Für die Deutschen war in dieser Zeit sicher der Fußball wichtiger. So wurde das eigentlich von mir gewünschte Camp in Bolschoe Goloustnoje leider ganz gestrichen. Zwei andere zeitgleiche Projekte wurden zu einem zusammengelegt.

Für unsere Gruppe - fünf Studenten aus Ulan-Ude und Angarsk, zwei amerikanische Studenten, eine kanadische Lehrerin und mich - waren also eine Woche in Angarsk sowie eine Woche an der Alten Transsib vorgesehen.
Bei Angarsk sollte auf einer Insel im Fluss Kitoj ein Naturlehrpfad angelegt werden. An der Alten Transsib im Dorf Polovinnyj sollten wir einen "Campingplatz" bauen. Kaum hatten wir am ersten Tag unsere Zelte auf der Insel im Kitoj aufgeschlagen, setzte ein mehr als dreitägiger Dauerregen ein. Innerhalb von wenigen Stunden stieg der Pegel des Flusses derart an, dass man damit rechnen musste, dass die Insel überschwemmt wird. Der Projektleiter Vladimir Khidekel entschied deshalb, das Camp nach der ersten Nacht evakuieren zu lassen. Das zur Hilfe gerufene Motorboot des Katastrophenschutzes verlieh der ganzen Aktion einen Hauch von Abenteuer. Denn so wie wir auf die Insel gelangt waren (mit Faltbooten), konnten wir auf keinen Fall zurück.

Der eigentlich für später geplante Aufenthalt in Gastfamilien wurde jetzt vorgezogen. Alle waren dankbar, dass sie sich aufwärmen und die durchnässten Sachen trocknen konnten. Wir verbrachten die Regentage im Museum und im Kino. Als dann am vierten Tag der Regen aufhörte, wurde das Zeltlager neu errichtet. Allerdings nicht mehr auf der Insel, sondern auf der Stadtseite des Flusses.Hier ist das Ufer tagsüber ein beliebter Badestrand und nachts ein vielbesuchter Treffpunkt der Angarsker Jugend und gleicht leider an vielen Stellen einer Müllkippe.

In den verbleibenden drei Tagen an diesem Ort schufen wir so etwas wie eine "Basisstation" für künftige Schulausflüge auf die Insel. Es wurden Tische und Bänke aufgestellt, eine "Naturtoilette" ausgehoben sowie ca. 80m Wanderweg angelegt. Natürlich haben wir uns auch rings um unser Camp dem Müll gewidmet, aber das scheint, um es mit Shelly aus Kanada zu sagen, ein "neverending battle" zu sein.

Die zweite Woche sollten wir am Baikalsee verbringen. Mit der Elektritschka und dem Baikalexpress fuhren wir nach Polovinnyj. Es war für alle Teilnehmer des Projekts durchaus reizvoll, zwei verschiedene Orte kennen zu lernen. Aber es war auch ein ziemlicher Kraftakt, das ganze Lager mit allem Gepäck, den Zelten, dem Material, der Verpflegung und dem Werkzeug in öffentlichen Transportmitteln von A nach B zu bringen.

Das Dorf Polovinnyj liegt ganz malerisch in einer Bucht am Baikalsee. In den Sommermonaten halten dort fast täglich Touristenzüge, die 200 bis 400 Menschen auf einmal "ausspucken", die dann für 1-2 Stunden in die Natur ausschwärmen und Picknicks veranstalten können, bevor sie zu den nächsten sehenswerten Stationen weitergefahren werden. Es macht Sinn, hier so etwas wie Picknickplätze ("Kemping" genannt) mit Tischen, Bänken und einer Toilette anzulegen.

Als wir ankamen, stellte sich jedoch heraus, dass es im Vorfeld keinerlei Absprachen zwischen der Ostsibirischen Eisenbahn, dem Nationalpark und GBT gegeben hatte, was an welcher Stelle zu bauen sei. Es ist eher nach dem Motto gelaufen: "Lasst uns mal ein bisschen Holz nehmen, dorthin fahren und schauen, was sich machen lässt." So verbrachten wir einen großen Teil der Woche mit Warten (auf Resultate der Diskussionen zwischen den Verantwortlichen) und dem Hin- und Herschleppen des Baumaterials, um dann letztendlich nichts (oder fast nichts) zu vollbringen. Man muss auch sagen, dass das bereitgestellte Bauholz nicht die Qualität hatte, um etwas Dauerhaftes damit zu bauen. Außerdem hatten wir jede Menge Werkzeug zum Wegebau dabei, aber kaum geeignetes Tischlerwerkzeug. Um doch nicht ganz umsonst dort gewesen zu sein, wurden am letzten Tag noch im Garten einer örtlichen Cafébetreiberin (Tjotja Rosa) Tische und Bänke für ihre Sommergäste zusammengezimmert. Außerdem haben wir im Dorf ca. 50 m Weg gegraben, um den Touristen das Auffinden der öffentlichen Toilette zu erleichtern.

Auch wenn die Resultate unserer Arbeit in den zwei Wochen eher dürftig waren, war es trotzdem eine interessante Zeit. Das Lagerleben, die Gespräche am Lagerfeuer mit Menschen aus völlig gegensätzlichen Welten, das Baden im noch eiskalten See, die Landschaft am Baikal werden unvergesslich sein. Ich bin froh, dass ich an diesem Camp teilgenommen habe.

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